ÖPNV
 

VERLAG EUROBUS GMBH

ÖPNV

Montag, 19.06.2006

Luxemburg/Berlin. (lop) Die privaten deutschen Busunternehmen haben einen wichtigen Erfolg im Zuge der Neuregelung des ÖPNV in der EU erzielt. Die zur Debatte stehende Verordnung 1191 hatte sich wie ein Damoklesschwert drohend über den Häuptern der mittelständischen Busunternehmen erhoben und die Zerschlagung von bestehenden Verkehrsverbünden zur Folge gehabt. Dies wurde beim Treffen der EU-Verkehrsminister durch den Einsatz des deutschen Verkehrsministers Wolfgang Tiefensee erfolgreich verhindert. Ob damit die Gefahr vom Tisch ist, wollte EuroBus von bdo-Hauptgeschäftsführer Gunther Mörl wissen. Herr Mörl, zunächst einmal sieht die Entscheidung des Verkehrsministerrates der EU vom 9. Juni für die deutschen privaten Busunternehmen sehr positiv aus. Wie bewerten Sie das Ergebnis? Gunther Mörl: „Dieses Ergebnis ist auch gut und im Sinne der Fußball-WM durchaus mit dem Spiel Deutschland gegen Costa Rica zu vergleichen, das ja bekanntlich 4:2 für die deutsche Mannschaft endete. Das heißt: wir haben das Spiel gewonnen, aber auch Gegentore einstecken müssen.“ Was ist das wichtigste Ergebnis für die deutschen Linienbusbetreiber? Mörl: „ Zunächst einmal ist das Wichtigste, dass diese Verordnung sehr viel Spielraum dafür lässt, damit wir in Deutschland unser bisheriges System weiter fortführen können.“ Zählen Sie doch einmal die Tore für Deutschland auf! Mörl: „Das 1:0 für uns war, dass die Unterauftrags-Vergabe an Private weiterhin möglich ist. Das wollte die EU-Kommission nicht. Das 2:0 war, dass wir die Zerschlagung der Verkehrsverbünde verhindert haben – das wäre nicht akzeptabel gewesen. Das 3:0 haben wir dadurch erzielt, dass die sogenannte Inhouse-Vergabe z.B. der Stadtwerke X an das eigene Verkehrsunternehmen nicht weiter auf andere Ausschreibungen auf Verkehrsdienstleistungen in Y ausgedehnt werden darf. Dadurch wird nicht zugelassen, dass sich kommunale Verkehrsunternehmen aus einem abgeschotteten Heimatmarkt heraus am Wettbewerb auf anderen offenen Märkten beteiligen. Das 4:0 war, dass Aufträge für kleine Omnibusunternehmen mit weniger als Bussen erst ab einem Schwellenwert von 500.000 km (!) oder einem Jahresauftragswert von über 1,7 Mio € ausgeschrieben werden sollen. Für die übrigen soll ein Schwellenwert von 300.000 € gelten. Das bedeutet, dass kleine Unternehmen nicht mit einer unnötigen und langwierigen Ausschreibungsbürokratie überzogen werden. Die EU-Kommission wollte dagegen, dass auch kleine Unternehmen mit drei Bussen sich an einem europaweiten Wettbewerb beteiligen sollen. Das 5:0 ist die Übergangsfrist für unsere Unternehmer. Wir haben erreicht, dass die neuen Bestimmungen ihre Wirkung erst frühestens 2022 erlangen werden. In der Zwischenzeit wird alles wie bisher laufen. Das heißt, die Söhne und Töchter der Busunternehmer sind noch geschützt – bei den Enkeln muss man weiter überlegen. Alle Verkehrsverträge, die vor 2000 abgeschlossen worden sind, können noch bis 2022 weiterlaufen. Dadurch haben wir die dringend notwendige Rechtssicherheit geschaffen, die für die privaten Busunternehmen im deutschen ÖPNV so wichtig ist.“ Und die Gegentore? Mörl: „ Eigentlich nur eines: Das 5:1 war die Inhouse-Vergabe, die es weiterhin geben wird. Aber hier sehen wir bei der Umsetzung in deutsches Recht noch Gestaltungsmöglichkeiten. Beispielsweise, ob eine Stadt mit eigenem Verkehrsbetrieb noch private Busunternehmen einschalten darf. Das ist der Knackpunkt – und hier steckt der Teufel wie so oft im Detail.“ Ist Wolfgang Tiefensee nun der Traum-Minister der privaten Busunternehmen? Mörl: „Er hat sich auf jeden Fall unerhört in diese Sache hinein gekniet. Als ehemaliger Oberbürgermeister von Leipzig kennt er die ÖPNV-Problematik und weiß, wovon er redet. Dadurch hat er im EU-Verkehrsministerrat starke Überzeugungsarbeit geleistet.“ Also rundum zufrieden? Mörl: „Sagen wir einmal so: Ich bin vorsichtig optimistisch. Wir haben jetzt alle Trümpfe in der Hand, sodass wir über das Parlament noch etwas erreichen und bei der Umsetzung in deutsches Recht wichtige Pflöcke setzen können.“

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